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Samurai-Requiem

5-teilig Decke mit schwarzem Schnürsenkel gebunden.

Entstehung 2005

Decke: vergilbtes Andruckpapier, bedruckt

 

 

Erste und letzte Seite: Bedruckte Overheadfolie.

Dazwischen verschiedene einfache Transparentpapiere

  

 

    

 

Die Samurai-Maske des Einbands und die Stoffe des Innenteils habe ich in einer Samurai-Ausstellung im Schleswiger Schloß Gottorf fotografiert. Die Stoffe der alten Kriegerrüstungen bergen unterschiedliche Materialien, Verarbeitungsweisen und Farben. Gleichsam Attribute des Kriegshandwerks und des Kampfes, beinhalten sie dennoch diese textilen und kunsthandwerklichen (und weiblichen) Aspekte.
      

           

Ich druckte die Rüstungsausschnitte zunächst auf Transparentfolie und klatschte sie dann auf ganz billigem, altem Schreibmaschinen-Durchschlagpapier ab, ein zweiter Abklatsch erfolgte auf etwas festerem, heutigem Transparentpapier.

Die Inkjet-Farbe verhält sich beim Abklatschen auf jedem Papier unterschiedlich.

 

Der erste Block: 10 Motive in unmittelbarer Folge.
     

 

 

 

 

Der mittlere Block besteht aus mit Bleistift beschriebenem Transparentpapier (Schreibmaschinen-Durchschlag). Abwechselnd stehen hier Texte in alter und moderner Handschrift. Es ist der Dialog zwischen einer/einem Sterbenden und dem/der Zurückbleibenden. Dem Gehenden, in den Etappen seiner Loslösung und dem Bleibenden, dem Lassen-müssenden.
   

 

 

 

 

Ich halte das Netz fest,

du entgehst mir nicht.

Das graue Wasser beschützt dich,

du bist getarnt,

ich finde dich dennoch.

 

 

Der dritte Block ist neues Transparentpapier (80g/m²). Spiegelbildlich zum ersten Block gibt er die zweiten Abklatsch-Durchgänge wieder. 

Letztes Blatt wieder glasklare Overheadfolie.

Textauswahl

 

Im Splittern die Ruhe bewahren.

Warten auf den Großen Riss,

wissen, einer hört es krachen.

 

Abgesungen bis hierher.

Alle Lieder durchgebracht und nun:

"Können sie eine Faust machen?"

Kann ich das?

Um eine Flöte, einen Kinderknöchel,

einen Ring aus Glas?

Singt mich zurück in die Wiege,

einmal hatte ich eine Mutter.

 

Sag es mir!

Sag mir etwas von deinen Beinen,

denn meine habe ich verloren, ich weiß nicht wie.

Sag es mir!  Sag mir etwas von deinen Augen,

denn meine habe ich geschlossen, ich weiß nicht warum.

Sag es mir! Sag mir etwas von deinem Atmen,

denn meines habe ich verlernt, ich weiß nicht wann.

Sag es mir! Sag mir etwas von dir,

denn mich habe ich vergessen, ich weiß nicht,

an wen.

 

Vor der Endlosigkeit stehn, jetzt die Klappe ziehn.

Vor der Endlosigkeit, schon so lange Zeit.

Mehr als einmal geschont, ist der Schnabel gewetzt,

ist es vorbei.

Sieh an dir hinunter: Es ist vorbei.

Es ist noch heute endlos.

Es ist noch morgen endlos.

Aber alles zusammengenommen

ist auch das 

lang vorbei.

 

Deine Schritte entfernen sich.

Weit überm Bügel des Horizonts treten

die Reiter nach den Sternen.

Sterne, die mir nicht mehr leuchten, fallen ins Wasser.

Die Krieger schwingen sich auf kahlgeschorene Rösser

und lösen sich im dunkel auf.

Leis glitzern noch die Helme,

ein Funkeln unterm Lid.

Lege deinen Bogen hin und alles,

was so scharf in deinen Händen wohnt.

Ich bin es, die dich darum bittet.

 

 

Du bist im Gehen. Alles Drehen wendet sich

ohne mein Zutun, ohne dein Zutun.

Keiner bereit, nichts bereit. 

Stunden abgesagt.

Leuchten erfunden,

Tage vergessen, 

Steine gerollt.

Wirken versengt im Geäst, 

aus dem Lot genommen,

die Ferse gekippt, zeugen die Spuren

von deiner Abwesenheit.

Und Kälte verändert die Atome des Bettgestells 

nicht messbar.

Nicht messbar warst du hier.

Nicht messbar dein Anteil an Luft, 

an Wasser, an Erde

zu Erde

zu Erde

zu Erde

 

 

Deine Schritte, deine Blicke, dein Gehen.

Die Innenfläche deiner Hände

über denen sich 

die Ringelnatter schwärzt.

 

Time out!

Halte den Ball an und deinen Atem.

So viele sind schon fortgezogen,

die Fenster verhangen,

und nun gehst auch du?

Nichts hat mich darauf vorbereitet. Körner

halte ich in der Hand. Wie aus Versehen

will ich sie ausstreuen.

 

Im innersten Grunde erschöpft.

Kein Sagen mehr, kein Denken,

verlassen stehn -

die Hände nach außen drehn.

Sie 

ist fort -

die Hände nach innen drehn.

Den Vater fragen, 

auch der ist gegangen -

die Hände nach außen drehn.

Der Raum wächst, 

seltenes Verstehen,

kein Erwidern- 

die Hände nach innen drehen.

 

 

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