Breite: 39,5 cm, Höhe: 58 cm, geschlossen

Foliant

 c                                                                                                               

Decke: Buchbinderleinen, gefärbt/schwarz

Buchblock und Vorsatz aus 280g Silberburg mit Büttenrand

8 Seiten, Fadenheftung

Papier natur gefärbt, mit Schieferplatten, Blauholz, Beize

Handschrift

Entstehung: 2020

wide: 39,5 cm, high: 58 cm

cover: Linen black/eco-dyed

8 pages of heavy, handmade paper,

eco-dyed by means of roof slate

cord bound

handwriting, 2020

                   


Unter der Mittagssonne in diesem September
liegt ganz still der Fjord.
Auf einem Steg trocknen Kormorane ihr Gefieder.
Den Motor ausschalten, ans Ufer setzen, einen Kaffee eingießen,
staunen

über den Umstand, dass es Bergwände gibt,
die so senkrecht und schwarz
„hoch“ sagen, „tief“ sagen.
Geröllfurchen im dunklen Gestein, durch die im Frühjahr das Wasser
stürzt.
Schattenkanten. Überhänge.
Scharf erodierter Gneis, Pyroxenit, Eklogit - Fels!


Bis zu jenem Absatz könnte ich es schaffen, nicht weiter.

Und dennoch prangt dort, viel weiter oben,
am Kopf einer fast lotrechten Furche, der Eingang einer Höhle.
Schwarz. ungewiss.
Wie tief?

Tief genug, um einem steinzeitlichen Clan
Unterschlupf und Zuhause gewesen zu sein?
Haben sie ihre Bilder und Handabdrücke zurückgelassen, und saß
vor Urzeiten eine alte Frau davor, rührend in ihrem dunklen Topf?
Zog beißend der Rauch vom ihrem Birkenfeuer durch diesen Eingang?

Oder schlief eine Bärin dort mit ihren Jungen,
Winter auf Winter auf Winter?

Als warte die Dunkelheit dort
seit Jahren, die sich zu Ewigkeiten türmen.
Und irgendwann erhob sich der Berg,
richtete sich auf, streckte sich und gähnte ein Äonengähnen,
blickte über vorbeihuschende Gletscher
und abfließende Meere und wunderte sich
kaum.

Ich würde nicht dorthin gelangen.
Ich nicht.

Wenn ich aber nun in dieses Dorf ginge
und nach dem besten Bergführer fragte,
und der mich dort hinauf brächte,
gesichert an tief eingeschlagenen Eisenringen,
vielleicht
würde ich dort nur
einen etwas tieferer Felsvorsprung finden,
kaum mehr
als eine flache Nische,
nach Norden gerichtet.

Norddal, Sept. 2020

© Tanja Leonhardt, 2020